Walter Höllerer, Autor, Herausgeber, Literaturkritiker und -wissenschaftler gründete 1977 das Literaturarchiv in Sulzbach-Rosenberg. Für die Verbundenheit zu seiner Heimatstadt wurde ihm bereits 1974 der erste Kulturpreis der Stadt Sulzbach-Rosenberg verliehen.
Walter Höllerer wurde am 19. Dezember 1922 in Sulzbach in der Oberpfalz geboren. Nach seiner Kindheit und Jugendzeit nahm er ab 1941 als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. Nach 1945 studierte er Germanistik, Philosophie, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Erlangen, Göttingen und Heidelberg. 1949 promovierte er in Erlangen mit der Arbeit "Gottfried Kellers Leute von Seldwyla als Spiegel einer geistesgeschichtlichen Wende". Von 1954 bis 1958 war er Assistent an der Universität in Frankfurt/Main, habilitierte sich mit dem Thema "Zwischen Klassik und Moderne. Lachen und Weinen in der Dichtung der Übergangszeit" und lehrte Neuere Deutsche Literatur.
Bereits 1952 debütierte Höllerer als Lyriker mit dem Gedichtband "Der andere Gast" im Carl Hanser Verlag. Sein Mentor und Lektor war Georg Britting. Aus diesem ersten Kontakt mit dem Carl Hanser Verlag entwickelte sich der Plan, eine literarische Zeitschrift zu gründen. im Februar 1954 erschien das erste Heft der "Akzente", die Höllerer bis Ende 1967 zusammen mit Hans Bender herausgab. Ab 1954 nahm Höllerer an den Treffen der Gruppe 47 teil, zumeist als Kritiker, aber auch mit eigenen Texten. 1959 las er aus seinem Roman "Die Elephantenuhr", der erst viel später, 1973, erscheinen sollte. Weitere Gedichtbände folgten: "Gedichte. Wie entsteht ein Gedicht" (Suhrkamp, 1964), "Außerhalb der Saison. Hopfengärten in drei Gedichten und neunzehn Fotos" (Wagenbach, 1967), "Systeme. Neue Gedichte" (LCB-Edition, 1969) und "Gedichte 1942-1982" (Suhrkamp, 1982). 1978 erschien bei Suhrkamp das Theaterstück "Alle Vögel alle", das 1982 am Schiller-Theater in Berlin uraufgeführt wurde.
1959 wurde Walter Höllerer auf den Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Technischen Universität Berlin berufen, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1988 innehatte. Als Gastprofessor hielt er sich mehrmals für längere Zeit in Amerika auf. 1960 lehrte er an der University of Wisconsin und 1973 und 1988 an der University of Illinois. Für seine Studenten organisierte er im Jahr 1960 die Reihe "Literatur im technischen Zeitalter": das international besetzte Lesungspodium wartete mit Namen wie Günter Eich, Ingeborg Bachmann, Günter Grass, Alain Robbe-Grillet, John Dos Passos u.a. auf und bot Anstoß für weitere Aktivitäten. 1961 erschien die erste Nummer der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter", die als Ergänzung der "Akzente" geplant war und einen Schwerpunkt auf die Funktion von Literatur und Sprache im Medienzeitalter setzte. In dieser Zeit rief er auch das "Institut für Sprache im technischen Zeitalter" an der TU Berlin ins Leben. 1963 gründete Höllerer das Literarische Colloquium Berlin, ein Haus für Autoren, das gerade in den Zeiten des Kalten Krieges und nach dem Mauerbau ein Treffpunkt für Autoren aus Ost und West wurde, aber auch eine Talente-Schmiede, der viele Autorinnen und Autoren ihre Entdeckung und Förderung verdanken.
Als Herausgeber betreute Höllerer nicht nur zwei Zeitschriften. 1956 sorgte seine Lyrik-Anthologie "Transit. Lyrikbuch der Jahrhundertmitte", erschienen im Suhrkamp Verlag, für Aufsehen. Höllerer war außerdem Mitherausgeber der Werkausgaben von Friedrich Schiller (1957) und Jean Paul (1959-1967) sowie der Hanser-Reihe "Literatur als Kunst". Auch an zahlreichen Editionen des Literarischen Colloquiums Berlin wirkte er mit. Walter Höllerer wurde u.a. mit dem Fontane-Preis der Stadt Berlin (1966), dem Johann-Heinrich-Merk-Preis (1975) und dem Horst-Bienek-Preis für Lyrik (1993) ausgezeichnet. Er war Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und der Akademie der Künste, Berlin.
Walter Höllerer starb am 20. Mai 2003 in Berlin. Sein Nachlass wird mit Unterstützung der DFG im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg erschlossen.